Als globale Pandemie betrifft Covid-19 Länder weltweit - Eine authentische Stimme aus Guatemala / Mai 2020

Hallo zusammen!

Hier also der erste Bericht über die Lage in Sololá. Diese Woche konnte ich nach Panajachel fahren. Diese Reise ist zurzeit ziemlich schlimm und wenn ich sehe, dass viele Menschen wegen fehlender Transportmittel den Weg laufen müssen, frage ich mich warum manche Menschen mehr leiden müssen als andere. Wie mein Vater berichtete, kostet die Fahrt von „La Cuchilla“ (falls ihr euch an diesen Ort erinnert – eine sehr kurze Strecke) nach Sololá heute 60 Quetzales (Anm. Übersetzer: ca. 6 €) hin und 60 zurück, aber um Mitfahrt zu bitten oder diese anzubieten ist gesetzlich verboten. Jetzt ist die einzige Möglichkeit zu laufen oder wie wir in Guatemala sagen: „Zu Fuß zu fliegen“.

In dem Moment, in dem man Panajachel betritt, gelten viele Regeln. Kinder und Menschen über 60 dürfen nur in die Stadt wenn sie Erlaubnis haben oder Anwohner sind. Man muss den Ausweis vorzeigen und es wird Fieber gemessen, die Reifen desinfiziert und man wird nach dem Grund seines Besuchs gefragt. Ist man dann einmal in der Stadt, zeigt sie sich von zwei Gesichtern. Das eine zeigt das Leben der Anwohner, das andere das der Touristen. Jeder der schon einmal dort war weiß, dass es diese zwei Welten gibt. Panajachel dient vielen in den Dörfern drum herum als Markt, um Souvenirs oder gewebte Stoffe zu verkaufen. Viele kommen aus anderen Städten wie z.B. Chichicastenango, Totonicapan, Xela, um ihre Waren anzubieten. Jetzt öffnen sich nach und nach Geschäfte, und die Verkäufer hoffen verzweifelt, dass ein Wunder geschieht. Doch es sind fast keine Touristen da.

Wenn man weiter in das Zentrum hineinfährt, wirkt das Leben etwas normaler. Obwohl es verboten ist, Kinder mit in den Markt zu nehmen, sieht man viele Mütter mit ihren Kindern. 99% von ihnen tragen immerhin eine Maske. Mir wird erzählt, dass es bestimmte Tage gibt, an denen man zum Markt darf, je nach dem in welchem Sektor der Stadt man wohnt. Weil der Präsident die Maßnahmen etwas gelockert hat, sieht man, dass viele Geschäfte wieder öffnen, zum Beispiel für Kleidung, Schuhe oder Möbel. Obwohl man viele Menschen in den Straßen sieht, kauft kaum jemand etwas von diesen Geschäften, denn Nahrungsmittel haben zurzeit die höchste Priorität. Wenn man wieder aus dem Ort herausfährt beobachtet man die gleiche Landschaft wie immer. Drei wunderschöne Vulkane, die man wegen des Nebels in dieser Jahreszeit kaum sehen kann, den See, der leuchtet wie Silber und ein Volk das weiterhin versucht seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

In Sololá ist es anders. Hier kontrolliert niemand die Dokumente, misst Fieber oder verbietet die Einfahrt für bestimmte Gruppen. Jede Gemeinde entscheidet selbst über die Kontrolle seiner Bewohner. Ich fahre nicht direkt nach Hause sondern drehe noch eine kleine Runde um das Zentrum Sololás. Nach 12 Uhr Mittag muss hier der Markt schließen und es sollen weniger Leute unterwegs sein. Obwohl es immer eine Reihe an Autos gibt, die Sololá durchqueren wollen, dauert es nie länger als 5 Minuten, um durch die Stadt zu fahren.

Das ist sehr normal, wenn man vergisst, dass wir inmitten einer Pandemie leben. Die Leute gehen durch die Straßen und viele Straßenhändler verkaufen den Fahrern, die an der Ampel halten, Masken. Es ist seltsam, dass viel Indigene die einfarbigen Masken tragen, anstatt so wie ich, Masken in den typischen Stoffen. Sicherlich kaufen sie diese bei den Händlern, welche die Masken für 7 Quetzales anbieten. Ein Verkäufer nähert sich mir und bietet eine Maske für 3,50 Quetzales an, weil er an diesem Tag noch gar nichts verkauft hätte. Es gäbe zu viel Konkurrenz, weil in diesen Zeiten alle das Gleiche verkaufen. Ich finde diese Lebensrealität sehr traurig und obwohl ich weiß, dass es nichts ändert, suche ich in meiner Tasche nach einem 10 Quetzales Schein und gebe ihn ihm. Der Händler versucht mir dankbar die Maske in der Farbe zu geben, die ich haben möchte, aber ich sagte ihm, dass sei nicht nötig.

Obwohl ich sein Gesicht nicht ganz sehe, kann ich erkennen, dass er lächelt und durch seine Maske ruft er: „Gott segne dich Blondie“.

Liebe Freunde von Guatemala, es ist richtig: Covid–19 betrifft alle Länder weltweit. Gleichzeitig bringt das Virus für jedes Land sehr spezifische Auswirkungen mit sich. Mit regelmäßigen Berichten von unseren Freunden, Projektpartnern und Architekten, Luis und Estuardo Palacios, wollen wir die Pandemie aus der Perspektive Guatemalas sichtbar machen. Der Bericht zeigt, trotz gemeinsamer Krise bestehen Disparitäten weiter: Während sich viele Deutsche auf ein sehr gutes Gesundheitssystem verlassen können, wissen die Guatemalteken, dass es für sie vermutlich keine intensivmedizinische Betreuung geben wird. Viele Deutsche können auf die staatliche Unterstützung bauen, während viele Guatemalteken die Pandemie mit kaum vorhandenen eigenen Ressourcen überstehen müssen. Eine Hungersnot kündigt sich an.

Die drei Vereine Freundeskreis Guatemala e.V., OYAK e.V. und Esperanza e.V. unterstützen die Menschen in der Region Sololá mit Hygieneartikeln und Nahrungsmittelhilfe - schnell und unkompliziert.

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